Kürzlich saß ich mit meinen Freundinnen beim Kaffee. Ausgelassen unterhielten wir uns wild durcheinander und querbeet, frech, fröhlich und ?gequält? – Ihr ahnt es – über unsere Zipperlein.

Wer mich auf Insta verfolgt weiß, ich hatte mir eine fiese Schultergeschichte zugezogen. Ja, werden jetzt einige sagen, selber Schuld, denn schließlich biste nicht mehr 20 und bei dem Pensum in den letzten Monaten, mußte ja sowas kommen…gell?! Da hat man halt mal Rücken und muß da durch!

Ich gebe es ja ungern zu, aber das stimmt. LEIDER!!! Mir war nur nicht bewußt, dass meine Freundinnen auch jenseits der 30 40…uuupsss… 🙁 sind und ebenfalls mit Ihren Wehwehchen aufwarten können und wollen. Da bist Du in so einer Runde kein exotischer Einzelfall. Jede ist eine gequälte und gestresste Göttin. Und der morgendlich liebevoll gespachtelte Putz blättert so langsam an jeder von uns ab, und der sogenannte Zahn der Zeit knabbert den ersten zweiten Lack ab.

Klar, wie sagte einst Katherine Hepburn: „Älterwerden ist nix für Feiglinge!“, aber so ein Jammertal gut gekleideter und gepflegter Frauen auf einem Haufen – das ist echt bedenklich.

Vor einiger Zeit hörte ich mal, dass man mit 30 anfängt über die Krankheiten anderer zu sprechen, mit 40 jeder bereits eine hat und mit 50 die besten Rezepte dagegen kennt…grrrrrr.

  • Nix da!
  • ICH WILL NICHT!!!
  • Schließlich sind wir doch alle 39 on hold und mit Zipperlein haben wir nichts am Hut.
  • Stimmt doch
  • – oder???

Soviel zur Theorie. Praktisch sah das leider ganz anders aus. Ich berichtete meiner, mit hochgebettetem Bein gegenübersitzenden, blassen Freundin, mit meiner steifen Schulter über die Spritzen in ebendiese. Sie nickte kurz anerkennend und ein wenig gelangweilt (…aber,sie hatte doch gefragt…) , um dann bunt, blutigst zu veranschaulichen, wie sie von Nachbars Katze zuerst zerfleischt und dann anschließend im Krankenhaus zunächst von stricknadeldicken Kanülen angezapft und danach fast zu Tode gegen alle möglichen Parasiten und Keime geimpft wurde. Und das schon 3 Mal. UND DIESE VIIIIELEN PILLEN…

BOOM!!! Da guckste mit einer herkömmlichen Schulter blöd aus der Wäsche. Ehrlicherweise kam mir meine kleine Baustelle mit einem Mal ganz läppisch vor.

Humpelnd reichte mir meine andere Freundin, die sich kürzlich beim Joggen den Fuß gezerrt und danach beim Anziehen die Schulter verrenkt hatte, mit der linken Hand einen neuen Kaffee, während die Älteste im Bunde über Wechseljahrsbeschwerden referierte. Letztere arbeitet übrigens in der Humanforschung im Krankenhaus und hat stets Anschauliches über Parasiten, Krankheiten und Infekte zu berichten. Dieses Mal war sie über das Bett eines frisch Verstorbenen gestolpert und hätte fast um ein Haar ihre Tasse Kaffee über den Ärmsten verschüttet.

So verging der Nachmittag im Fluge und jede von uns ging mit der sicheren Gewissheit nach Hause, dass es gar nicht so schlimm um sie stand, wie vor dem Treffen insgeheim vermutet.

Aber mal ehrlich, ist das wirklich so? Ich meine, dass es zwickt und zwackt und man sich stundenlang damit beschäftigen und darüber unterhalten kann?

Gut, wenn ich mit meiner 92jährigen Oma telefoniere, erwarte ich einen Bericht über Ihr Befinden, doch die quatscht lieber über Politik und die modischen Fehltritte ihrer Mitbewohner im Heim, das zu lasch gewürzte Essen und was man so demnächst unternehmen könnte, denn schließlich sei es ja nicht so kalt draussen, wie alle jammern. UND: sie spaziert tatsächlich jeden Tag um den Block und schaut, was es da so Neues zu erkunden gibt.

UND DAS IST MIR ECHT EIN VORBILD!

Nein, ich neige nicht zum Jammern und ich mache auch keine große Sache daraus, wenn ich mal was habe. Krank sein und im Bett liegen, war für mich schon immer Höchststrafe. Ich möchte mich bewegen und frei sein, uneingeschränkt und ohne Onkel Doktor…fragt meinen Mann…der leidet unter meinem Bewegungsdrang, den Hund freut es…;). ÜBRIGENS: Seit ich die kaputte Schulter habe, brauche ich nicht mit dem Wuffi raus, bei der Eiseskälte,…brrrr…!

Doch bei all dem Willen nochmals 20 sein zu wollen, stelle ich doch fest, dass manches nicht mehr so schnell funktioniert, wie es das letztes Jahr noch tat. Nur noch fast so schnell…:)).

Jedenfalls brauche ich nun fast immer meine Brille, die ich natürlich immer griffbereit habe, die ich immer suche. Ganau wie meinen Schlüssel. Und eine Liste brauche ich auch. Jeden Tag eine neue, immer wieder und leidenschaflich lang und die kann ich natürlich nicht ohne meine Brille schreiben…wo ist die übrigens, und wo ist nur der Füller?

Und beim Einfädeln und Lesen…ihr ahnt es…

Während ich mich beim Einfädeln zunächst frage, in welches der vielen verschwommenen Löcher, die ich ohne Brille sehe, der Faden soll, stellt das Einkaufen ohne Brille mittlerweile ein ebensolches Problem dar. Sofern es im Supermarkt keinen dieser tollen Wägen mit Lupe gibt – die sind nämlich echt beliebt und schnell vergriffen, errate ich oftmals das Verfallsdatum und die Inhaltsliste und vertraue der hübschen Verpackung der Produkte. Und ich lieebe mittlerweile Bücher mit fetten, großen Buchstaben…vielleicht sollte ich anfangen Kinderbücher zu lesen…?!

Aber Hören kann ich prima. Aussergewöhnlich gut sogar. Besser als jeder in meinem Umfeld. Wenn z.B. mein Mann und mein Sohn sich über unverständliches Zeugs – inhaltlich natürlich – unterhalten, während ich in einem anderen Raum die Wäsche mache und dabei Radio höre und telefoniere, glauben sie, ich hörte ihre kleinen fiesen Kommentare, wie: „…davon versteht Mama eh nix…“ – oder – „… so machen wir das dann einfach mal ohne Mama zu fragen…“, nicht.

NATÜRLICH HÖRE ICH DAS! ICH HÖRE AAAAALLES!!! AUCH WENN ICH NIX VON DEM COMPUTERGAMEOFTHRONESYOUTUBERBITCOINSSKINFOLLOWERDINGENS VERSTEHE!

Und genau darin liegt das Problem. Während ich merke, dass mein Sohn und seine Freunde sich sprachlich in eine neue Zeit aufmachen und das in einer sprachlichen Geschwindigkeit, dass mir schwindelig wird, hält meine Nachbarstochter COCO CHANEL für eine altmodisch muffelige Parfummarke und fragt, ob Marilyn Monroe nicht diese fiesen Rocklieder im Fummel kreischt.

ABER NIX DA!!!

Ja, wir leben in einer anderen Zeit, wir, die über Ü 40! Und wir sind blutjung! Doch – da lass ich mich nicht beirren. Fit und vital nehme ich mir jetzt meine Liste und fahre mal los. Zum Shoppen…

Wo ist übrigens mein Schlüssel???